Lassen wir es kreisen!

03.04.2023
1/2023

Liebe Leserin, lieber Leser

Historikern zufolge erlebten die Bauern im Mittelalter die Zeit nicht als lineare Periode, sondern als einen Zyklus von Jahreszeiten, der dem Ablauf der Natur nachempfunden war. Das Leben war nicht auf eine ferne Zukunft ausgerichtet, sondern auf den nächsten Schritt im Kreislauf, die Aussaat oder die Ernte.

Mit der Industrialisierung haben wir eine wesentliche Veränderung eingeführt: Wir leben linear. Wir lassen die Dinge hinter uns. Wir prospektieren, raffinieren, produzieren und konsumieren. Aus wirtschaftlichen Gründen haben wir ein Interesse daran, auf Kosten des planetaren Gleichgewichts «übermässig» zu konsumieren. Mit der linearen Wirtschaft werden wir im Jahr 2050 dreimal so viele Ressourcen benötigen, wie die Erde bereitstellen kann.

Wir müssen dafür sorgen, dass aus der Linie wieder ein Kreis wird. Dies geschieht nicht durch Verzicht, aber auch nicht nur durch einfaches Recycling. Es geht nicht um einen neuen Ansatz für den Konsum, sondern vielmehr um die Planung einer Wertschöpfung mit positiven Auswirkungen.

Dies setzt einen Paradigmenwechsel voraus: nachhaltiges Design. Bereits bei der Konzeption einer Dienstleistung oder eines Produkts müssen Lebenszyklusanalysen von Materialien einbezogen werden. Mehr noch: Wenn die Wertschöpfung nicht mehr im manuellen Austausch von Gütern, sondern in einer Dienstleistung besteht, wird der Materialumsatz selbst zum Kostenfaktor. Wenn die Kunden nicht mehr Maschinen, sondern deren Leistung kaufen, hat der Maschinenhersteller selbst ein Interesse an möglichst langlebigen Maschinen: Sie erhöhen seinen Gewinn. Arbeit gewinnt im Vergleich zu Rohstoffen, Energie und Mobilität wieder an Wert.

Deshalb ist Recycling nicht die Lösung, sondern höchstens ein Zwischenschritt auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft. Denn schon heute ist die Aufbereitung bestimmter Stoffe umweltschädlicher als die Gewinnung des Rohstoffs.

Bei der Kreislaufwirtschaft geht es jedoch nicht nur um den Umweltschutz, sondern auch um Nachhaltigkeit im weiteren Sinne. Dazu gehört auch das Wohlergehen der beteiligten Menschen: Mithilfe der «Sozialen Lebenszyklusanalyse» (S-LCA) können die gesellschaftlichen Auswirkungen von Aktivitäten gemessen werden. Der soziale Fussabdruck wird mit dem ökologischen Fussabdruck einer Aktivität summiert.

Wenn man beides berücksichtigt, schafft man nachhaltige Leistungen und Produkte, die gesünder und menschenfreundlicher sind.

 Wir sollten damit beginnen. Jetzt. 

Claire-Lise Rimaz
Co-Geschäftsleiterin
Swiss Leaders